Stoffe und Textilien der Zukunft: Ananas, Eukalyptus, Algen & Co.
Dass Kunstfasern lange brauchen, bis sie sich zersetzen, wird dir klar sein. Dass sie in der Zwischenzeit das Problem mit dem Mikroplastik verschlimmern, wahrscheinlich auch. Die Alternativen sind ebenfalls bekannt - Bio-Baumwolle kennt jeder, auch andere Stoffe wie Hanf sehen wir immer öfter. Spannend wird ein Blick in die Zukunft. Denn: Die Auswahl wird sich wohl ein bisschen vergrößern, Mutter Natur hat noch so einiges zu bieten, was sich zu Stoff verarbeiten lässt - wir stellen dir die Stoffe und Textilien der Zukunft von Ananas über Eukalyptus bis Algen vor.
SeaCell - der Wasser-Stoff
Der größte Teil unseres Planeten ist mit Wasser bedeckt, überall in den Weltmeeren leben Algen in großer Zahl. Da die Wasserpflanzen laufend und recht schnell nachwachsen, sind Engpass-Gefahren hier wohl nicht existent, wenn Menschen Kleidung aus ihnen machen.
Die ersten Versuche lassen Gutes hoffen: Die Algen werden getrocknet und zu Pulver zerrieben, ehe sie mit Zellulose zu Fasern geformt und schließlich zu Stoff gewebt werden. Das Gewebe, SeaCell genannt, fühlt sich weich auf der Haut an, ist atmungsaktiv und pflegeleicht. Eventuell besitzt der Stoff aus dem Meer wegen der enthaltenen Mineralien sogar einen beruhigenden Effekt auf Hautentzündungen.
qMilk - gar nicht sauer
Die meisten Menschen kippen sauer gewordene Milch einfach weg - in unserer Schwabenpower-Küche wüssten wir auch nicht, was wir anderes damit machen sollten.
Für Mikrobiologin und Modedesignerin Anke Domaske hingegen gibt's noch eine andere Möglichkeit. Sie isolierte aus dem ungenießbaren Getränk das Milchprotein Kasein, das sie in ein Biopolymer umwandelte. Nach Trocknung, Erhitzen und In-Form-Bringen entstand daraus eine Textilfaser, die zum Glück nicht nach saurer Milch riecht. Stattdessen wirkt sie temperaturregulierend, atmungsaktiv und antibakteriell. Das qMilk genannte Gewebe ist reißfest und fühlt sich auf der Haut wie Seide an. Milchseide.
Lyocell - eukalyptisch gut
Eukalyptus gedeiht mit wenig Wasser und Pestiziden. Außerdem wächst er schnell, im Jahr bis zu 50 Zentimeter. Warum nicht hier und da ein bisschen was abschneiden, um Stoff daraus zu machen? Die Hersteller müssen den Zellstoff der Bäume dafür auflösen und diese Lösung dann zu Fasern verspinnen. Das Gewebe, das daraus entsteht, ist fest, glatt, weich und absorbiert gut Feuchtigkeit. Der Stoff hat bereits einen Markennamen: Tencel.

Bambus-Exkurs: Fasern aus dem noch viel schneller wachsenden Bambus müssten doch dann ebenfalls gut geeignet sein, oder? Tatsächlich gibt es Textilien, deren Grundstoff Bambus ist, allerdings wird aus dem Holz Viskose hergestellt, die keine Eigenschaften des Rohstoffs mehr hat. In Ländern mit geringen Umweltschutzauflagen kann die Herstellung zu erheblichen Schäden an Umwelt und Gesundheit führen.
Komplett Banane
Wir denken bei Bananen erst einmal an die gelben Früchte und weniger an die grünen Blätter. Die sind es allerdings, aus denen Bananenstoff hergestellt wird. Das Ökotextil hat viele gute Eigenschaften: Es ist sehr haltbar, aber dennoch biologisch abbaubar. Es ist atmungsaktiv, nimmt Feuchtigkeit auf, ist UV-beständig, geruchsresistent und wirkt auch noch antibakteriell. Ganz schön viel Gutes für eine Pflanze!
Piñatex - ein Pflanzenleder
Wenn du eine Ananas anschneidest, was machst du dann als Erstes? Wahrscheinlich die Blätter ab, oder? Und die landen dann im Biomüll. Es geht aber auch anders: Du kannst sie sammeln und die Fasern aus ihnen herauslösen. Danach werden sie gewaschen, getrocknet und zu einem Netz gespannt. Dieses Netz wird verfilzt, und das entstehende Gewebe kommt Leder von der Konsistenz her ziemlich nahe.

Rumänisches Tramaleder
Eine Alternative zu Echtleder, Kunstleder und Ananasleder ist Pilzleder. Es wird aus dem Fruchtkörper des Zunderpilzschwamms gewonnen, der in Rumänien an Laubbäumen wächst. Er hat eine relativ feste Schale, die das weiche Trama umhüllt - also die Fasern, die zum Pilzleder verarbeitet werden. Eine positive Eigenschaft des Tramaleders ist, dass es atmungsaktiv ist: Gerade an den Füßen ist das sehr angenehm.
Versuche mit verschiedenen Stoffen der Zukunft
Das Verfahren, das bei der Herstellung von Lyocell aus Eukalyptus angewendet wird, kann auch bei anderen Rohstoffen eingesetzt werden. Forscher experimentieren dabei mit einer ganzen Menge Innovationsgeist. Zu den Stoffen, aus denen sie bereits Fasern hergestellt haben, zählen unter anderem:
- Krabbenschalen
- Tofu-Abfälle
- Mais
- Buchenholz
- Lotus
Welcher der Stoffe sich durchsetzt, wird sich im Laufe der Zeit zeigen - Lotusseide wird es vermutlich nicht sein, da die Herstellung sehr aufwändig ist. Wichtig ist den Herstellern vor allem, dass ihre Erfindungen die Umwelt nicht belasten und dass sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden - anders als Polyester, das aus Erdöl besteht.
Aktuell zählt die Textilindustrie noch zu den größten Treibern des Klimawandels - vor allem wegen der riesigen Modekonzerne, die mit Fast Fashion handeln. Vielleicht wird sich das zukünftig ändern, wenn die Stoffe wirklich im großen Stil aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt werden können.
Fazit: Die Zukunft wird spannend
Aktuell fahren wir bei Schwabenpower noch gut damit, unsere Bio-Baumwolle bei zertifizierten Plantagen zu kaufen und damit nachhaltige Kleidung zu produzieren. Aber wer weiß, vielleicht erweist es sich irgendwann als umweltfreundlicher, andere Stoffe zu beziehen, die ebenfalls sanft zu empfindlicher Haut und fair gehandelt sind? Sollte das irgendwann passieren, werden wir dir auf jeden Fall davon berichten. Es bleibt spannend!
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