Schwäbische Kehrwoche: Was ist das?

Du weißt ja, wie es ist: Wir Schwaben sind erst zufrieden, wenn alles ordentlich geregelt ist - und sauber! Die Kehrwoche ist dafür ein gutes Beispiel, bekannt weit über die Landesgrenzen hinaus. Aber: Was genau steckt eigentlich hinter der schwäbischen Kehrwoche? Viel Mythos, viele Treppenhäuser, viele Witze - wir geben dir ein Stück regionales Allgemeinwissen und für Zugezogene die wichtigsten Regeln an die Hand.

Die Geschichte der schwäbischen Kehrwoche

1492 war ein großes Jahr für die Menschheit: Christoph Kolumbus entdeckte Amerika, die Reconquista in Spanien endete - und in Schwaben wurde die Kehrwoche eingeführt! Richtig gehört, so lange gibt es diese Tradition schon. Sie nahm ihren Anfang, als Herzog Eberhard I., genannt Eberhard im Bart, mit seinem Hof nach Stuttgart umzog. Es entsetzte ihn, dass sich in der Stadt die Müllberge türmten, und so diktierte er einen Erlass: „Damit die Stadt rein erhalten wird, soll jeder seinen Mist alle Wochen hinausführen.“

So weit, so klar. Einmal die Woche Saubermachen und Müll raus. Diese simple Regel hat sich über die Jahre immer weiter verändert und verfeinert:

  • 1740 verfeinerte die sogenannte Gassensäuberungsverordnung die Regeln; in insgesamt 30 Punkten wurde erklärt, wie alle hier Lebenden dazu beitragen sollten, die Straßen sauber und die Seuchengefahr möglichst gering zu halten.
  • Später wurde die Stadt strenger: Alle Bürger mussten nun sogar zweimal die Woche ran und die Straßen vor ihren Häusern säubern.
  • Seit 1811 ist klar, dass niemand von der Pflicht, vor seiner Türe zu kehren, ausgenommen ist.
  • Im Ländle wurde also demokratisch geputzt, jedenfalls bis Ende Dezember 1988: Hier fiel die einmal wöchentlich verpflichtend vorzunehmende Straßenreinigung vor dem eigenen Haus weg – seitdem ist sie nur noch bei Bedarf durchzuführen.

Diese Änderung ging natürlich nicht ohne Protest vonstatten, schließlich handelt es sich um Kulturgut! Jedoch halfen alle Leserbriefe nichts und die Kehrwoche verschwand komplett in den Hausordnungen und Mietverträgen. Hier blüht und gedeiht sie aber, dass es eine Freude ist.

Kehrwoche ist immer

Auch wenn das Wort „Kehrwoche“ etwas anderes vermuten lässt, handelt es sich nicht um eine oder mehrere bestimmte Wochen im Jahr. Jede Woche ist Kehrwoche. Wer in einem Einfamilienhaus lebt, kann logischerweise selbst nach Gutdünken entscheiden, wie oft geputzt wird. In einem Mehrfamilienhaus sieht das anders aus: Hier gibt es immer Gemeinschaftsbereiche wie Treppen und Keller, die von allen im Haus lebenden Parteien reihum sauber gehalten werden müssen.

Verschiedene Arten der Kehrwoche in Schwaben

Man unterscheidet zwischen der kleinen Kehrwoche und der großen Kehrwoche. Von beiden gibt es verschiedene Unterarten:

Die kleine Kehrwoche: Kurz und oft

Die kleine Kehrwoche besagt, dass eine Partei den eigenen Treppenabsatz und die Treppe samt Geländer bis hinab ins nächste Geschoss säubern muss. Details dazu, ob Fegen samt Kehrwisch und Kehrschaufel reicht oder ob du wischen musst, findest du im Mietvertrag oder in der Hausordnung. Wer an der Reihe ist, lässt sich leicht an dem Schild mit der Aufschrift „Kehrwoche“ sehen, das an die jeweilige Wohnungstür gehängt wird – oder du kannst den Dienst einem Plan im Hausflur entnehmen. Je nachdem, wie viele Parteien pro Stockwerk im Haus leben, ist jeder also nur alle zwei, drei oder vier Wochen mit der Reinigung dran.

Alternativ kann es auch sein, dass die kleine Kehrwoche das ganze Treppenhaus umfasst. Das wird vor allem für solche Häuser festgelegt, die eine überschaubare Anzahl an Stockwerken und Parteien umfassen. Der Vorteil: Du bist seltener dran. Der Nachteil: Du putzt mehr.

Die große Kehrwoche: Seltener Aufwand

Die große Kehrwoche erfordert deutlich mehr Einsatz als die kleine Kehrwoche. Sie lässt sich unterteilen in die Innen- und die Außenkehrwoche. Bei der Innenkehrwoche fegst und wischst du das ganze Treppenhaus vom Dachboden bis in den Keller samt Geländer und Fensterbänken und putzt auf dem Weg auch noch alle Fenster. Gibt es einen Wasch- und Trockenraum, putzt du ihn auch.

Die Außenkehrwoche befasst sich, wie der Name es andeutet, mit dem Außenbereich des Hauses. Gesäubert werden hier gegebenenfalls:

  • der Zugang zum Gebäude
  • die Einfahrt
  • der Gartenweg
  • die Garagenzufahrt
  • der Gehweg samt Bordstein
  • der Stellplatz für die Mülltonnen
  • die Klingelanlage
  • die Haustür von außen
  • die Briefkästen

Die Außenkehrwoche wird (falls überhaupt) in deutlich größeren Abständen nötig. Es gibt sie längst nicht in allen Mehrfamilienhäusern - heute übernehmen in der Regel Hausverwaltungen und Hausmeister oder Dienstleister diese Dienste.

Die Hausordnung bestimmt über die schwäbische Kehrwoche

Traditionellerweise wird die Treppenhausreinigung am Samstag vorgenommen - so ist für den Sonntag alles sauber und frisch. Der Tag ist aber nicht festgelegt: Meist schreibt die Hausordnung oder der Mietvertrag nur vor, dass die Kehrwoche reihum durchzuführen ist. Willst du also über das Wochenende wegfahren, ist es kein Problem, dass du deine Aufgaben schon früher erledigst.

Die Räum- und Streupflicht obliegt grundsätzlich erst einmal dem Hausbesitzer. Es ist allerdings möglich, dass er sie auf die Mietparteien überträgt – das müsste er im Mietvertrag festlegen. Es kann also sein, dass du für die Dauer deiner Kehrwoche auch den Winterdienst für den Gehweg vor dem Haus übernehmen musst, in dem deine Wohnung ist.

Fazit: Die Kehrwoche hat viele ordentliche Gesichter

Mag sein, dass immer mehr Hausverwaltungen einen Reinigungsdienst einstellen, der die Säuberung des Treppenhauses und der Gemeinschaftsräume übernimmt. Dafür wird eine kleine Umlage unter den Mietparteien gemacht und dann kümmert sich niemand mehr selbst ums Putzen.

Eigentlich ist das fast ein bisschen schade, denn das abwechselnde Pflegen der gemeinsam genutzten Teile des Hauses hat etwas Verbindendes: Es macht klar, dass man mit anderen gemeinsam für den Erhalt im Häusle verantwortlich ist. Dadurch achtet man ein bisschen mehr darauf, nicht gedankenlos Dreck hereinzutragen. Schön, dass die Kehrwoche sich nicht so einfach abschaffen lässt!


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